Hard cases make bad law: Kardinalpflichten von Geschäftsleitern und Wissentlichkeitsausschluss in der D&O-Versicherung (Streifzug 6)
veröffentlicht am 21.11.2025
Rechtsverstöße bei Insolvenzverschleppung bilden nach Fallzahlen den Schwerpunkt der Manager-Haftung. Zugleich nimmt die Zahl von Insolvenzen wieder zu. Auch steigt die Zahl der Gerichtsentscheidungen, die sich mit D&O – Haftungsfragen oder mit Fragen der Deckung durch D&O - Versicherer befassen. Daher unternehmen wir auf unserem Blog von Zeit zu Zeit Streifzüge durch praktische Aspekte der Insolvenzverschleppung. Der folgende Streifzug 6 greift das BGH-Urteil von 2014 auf, das D&O-Versicherern im Deckungsprozess den Einwand der Wissentlichkeit erleichtert, wenn der versicherte Geschäftsleiter eine elementare Berufspflicht (Kardinalpflicht) verletzt hat. OLG Frankfurt hat diese Rechtsprechung in drei Entscheidungen von 2025 für die Verletzung der Pflicht zum Insolvenzantrag und des Zahlungsverbots bei Insolvenzreife vertieft und erweitert. Die „Kardinalrechtsprechung“ erhöht freilich die Schwierigkeit der Fragen, die sich Insolvenzverwalter stellen müssen, wenn sie Haftungsansprüche gegen Geschäftsleiter mit Blick auf die D&O-Deckung verfolgen wollen. Diese Schwierigkeiten deuten darüber hinaus auf einen tiefer liegenden Webfehler in der D&O – Versicherung und ihrem typischen Wissentlichkeitsausschluss hin. Dieser Streifzug 6 stellt die Entscheidungen des OLG Frankfurt vor diesem Hintergrund dar. Er wendet sich gegen eine methodisch ungute Parallelverschiebung der Fragen, die sich eigentlich stellen. Einmal mehr gilt der Satz des US Supreme Court Richters Oliver Wendell Holmes von 1904: Hard cases make bad law.
Kategorien
Compliance allgemein, Haftung und Regreß, Versicherung, Allgemein